Wir freuen uns auf eine ganz besondere Veröffentlichung am 18.02.2022:
Wechselseitiges Verständnis. Gegenseitiges Begreifen. Vermischungen. Amphiferenz.
Auf dem zweiteiligen Konzeptalbum Amphiference lässt der Kölner Komponist Steffen Krebber zeitgenössische und psychedelische Musik intraagieren. Er bringt unterschiedliche musikalische, historische, ästhetische und soziale Kontexte zu einer konstruktiven Zusammenarbeit in einem gemeinsamen klingenden Lebensraum zueinander. Es entsteht eine so detailliert auskomponierte wie körperliche und ekstatische Musik.
Das titelgebende Stück des Albums verschränkt sich mit Pink Floyds legendärem Konzeptalbum Meddle (engl. für sich einmischen, sich eindrängen) von 1971. Der Gebrauch eines analogen Synthesizers (Ulrich Löffler) in Kombination mit dem Drumset (Dirk Rothbrust) zeigt direkte Verknüpfungen – Vermischungen – mit dem Epos Echoes der Pink Floyd-LP auf.
Are You Prepared Experience mischt sich mit Jimi Hendrix, einem weiteren Erneuerer der Rockmusik in den 1960er-Jahren. In diesem kürzeren, noch zupackenderen und durchaus „rockigeren“ Stück trifft das Schlagzeug (Dirk Rothbrust) auf das Cello (Jan-Filip Tupa) und (wie in Amphiference) auf zwei Lautsprecher als Co-Akteure.
Die Vermischungen und Amphiferenzen zeigen sich auch konkret im Setup der Stücke. Steffen Krebber greift direkt in die Sound-DNA der jeweiligen Instrumental-Akteure ein. Ein konstanter Faltungsfilter beeinflusst den Klang entscheidend. Der Filter analysiert das Klangspektrum jedes Instruments in Echtzeit und transportiert es in das Spektrum seines jeweiligen Duo-Partners. So hört man nie allein den „reinen“, ungefilterten, isolierten Schlagzeug-Klang, sondern immer eine amphifizierte Version davon. Im Spektrum des Drumsounds stecken auch immer Klangspuren von Cello bzw. Synthesizer, und umgekehrt. Die Lautsprecher entsenden einen resultierenden Klang, der erst durch die Vermischung beider Instrumente entsteht.
Steffen Krebber bezieht sich mit dem Neologismus Amphiferenz auf philosophische Ideen aus dem „agential realism“ bei Karen Barad und dem „Neo-Animism“ bei Isabelle Stenger. In diesen Gedankenräumen lösen sich tradierte Trennungen zwischen Subjekt und Objekt auf und gehen in einem Raum der Eigenaktivitäten, Abhängigkeiten von- und Beziehungen zueinander über. Auf Musik übertragen bedeutet das eine Abkehr von kritischen Haltungen; in Steffen Krebbers Worten eine Hinwendung zur „Erfindung grenzauflösender, überraschender, abenteuerlicher, musikalisch-diskursiver Praktiken in unkritischer Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Agenten und Compounds“, zu einer „Musik, die denken darf – denkender Vermischer ist“.